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2005  
ZDF Jahrbuch
Grundlagen der Programmarbeit
Kristina Hansen
Ulrich Berls
Eva Appel/
Ingeborg Feilhauer
Susanne Kayser/ Ursula Dehm
Heinz Gerhard
Hans-Joachim Strauch
Joachim Krischer

Susanne Kayser/Ursula Dehm

Das Publikum gefragt: Wie gut gefallen Fernsehsendungen?
Der ZDF-Programmcheck als Instrument des Qualitätscontrollings

 
Susanne Kayser
Susanne Kayser


Ursula Dehm
Ursula Dehm
 

Die vom Publikum wahrgenommene Qualität von Fernsehsendungen ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von besonderer Bedeutung. Im Programmauftrag haben sich die öffentlich-rechtlichen Sender verpflichtet, qualitativ hochwertige Programme anzubieten. Dies heißt nicht nur, dass die Sendungen des ZDF aus journalistischer und redaktioneller Sicht hochwertig sein sollen, sondern auch und gerade, dass sie vom Publikum als hochwertig wahrgenommen werden. Die ZDF-Medienforschung verfügt seit 1999 mit dem ZDF-Programmcheck über ein Instrument zum Qualitätscontrolling von Fernsehsendungen aus Publikumssicht. Im ZDF-Programmcheck wird überprüft, wie gut einzelne Sendungen ihren Zuschauerinnen und Zuschauern gefallen, detaillierter noch, was an den Sendungen besonders gut gefällt beziehungsweise, was nicht. Die Analyse der Formate findet zudem im Zeitverlauf statt, sodass sich wandelnde Erwartungen und Einschätzungen des Publikums berücksichtigt werden können.

Seit seiner Konzeption und der ersten Erprobungsphase 1999 wurden bisher im Rahmen des ZDF-Programmchecks in telefonischen Befragungen seit dem Jahr 2000 rund 400 Einzelformate beforscht. In zwölf bis 18 Befragungswellen von jeweils 1 000 Befragten, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden, werden pro Welle durchschnittlich fünf Formate abgefragt. Befragt werden jeweils 100 bis 180 »Echtseherinnen« und »Echtseher« der einzelnen Formate. »Echtseher« eines Formats sind Zuschauer, die, ohne vorher dazu aufgefordert worden zu sein, sozusagen »aus freien Stücken«, ein Format gesehen haben. Das soll verhindern, dass Befragte sich als Experten fühlen und eventuell schon zum Rezeptionszeitpunkt »anders« fernsehen, weil sie wissen, dass sie befragt werden. Zwar werden hauptsächlich ZDF-Formate untersucht, aber auch Konkurrenzformate, um Vergleiche ziehen zu können und zu erfahren, was beispielsweise an einem ZDF-Krimi oder an einem Krimi der Konkurrenz besonders gefällt. Die möglichst differenzierte Kenntnis dessen, was beim Publikum »ankommt«, gibt Hinweise für Programmplanung und Formatarbeit. Bei den untersuchten ZDF-Formaten handelt es sich um Sendungen aus allen Programmbereichen, um Reihen und Serien, Nachrichten und Magazine, Shows oder Dokumentationen. Viele Sendungen sind bereits mehrfach untersucht worden, sodass auch Zeitvergleiche vorliegen und Entwicklungen beobachtet werden können. Untersucht werden die Formate anhand eines standardisierten Fragebogens, dies einmal aus forschungsökonomischen Gründen, hauptsächlich aber auch, um Vergleichsmöglichkeiten über die Zeit hinweg und auch zwischen Formaten zu haben. Die Kriterien sind:

1. Die Bekanntheit des Formats
2. Die Nutzung des Formats
3. Die weitere Sehabsicht
4. Likes/Dislikes (offene Fragen danach, was besonders gut gefällt oder was stört, nicht gefällt)
5. Die Bewertung (nach Schulnoten)
6. Das Eigenschaftsprofil
7. Fragen zu Bewertung und Eigenschaften von Moderatorinnen und Moderatoren oder Schauspielerinnen und Schauspieler

Die Bekanntheit eines Formats sagt zunächst etwas darüber aus, ob ein Sendungstitel in den Köpfen der Zuschauer verankert ist. Die Frage nach der Nutzung dient zur Identifizierung derjenigen Zuschauer, die vom zu untersuchenden Format nicht nur gehört oder gelesen haben, sondern es auch sehen. Die »weitere Sehabsicht« misst die Bindung an das Format. Darüber hinaus haben die Befragten Gelegenheit, mit ihren eigenen Worten zu schildern, was ihnen besonders gut an einer Sendung gefällt beziehungsweise nicht gefällt und was geändert werden sollte. Mit Hilfe von Schulnoten wird anschließend das Format insgesamt bewertet. Im Eigenschaftsprofil können die Befragten angeben, wie stark eine vorgegebene Eigenschaft auf das untersuchte Format zutrifft. Diese Eigenschaftslisten unterscheiden sich je nach Genre, zum Beispiel werden für aktuelle Formate wie Nachrichten (unter anderem aktuell, informativ, ausführlich, kompetent) andere Eigenschaften abgefragt als beispielsweise für Krimiserien (unter anderem spannend, gut erzählt, lebendig-dynamisch). Diese genrespezifischen Eigenschaftslisten bilden auch eine Schnittstelle zu den Sendeplatzprofilen, in denen die inhaltlichen Anforderungen an einzelne Formate beschrieben sind. Bei moderierten Sendungen werden der jeweilige Moderator beziehungsweise die jeweilige Moderatorin ebenfalls nach Schulnoten bewertet und ein Eigenschaftsprofil abgefragt. Die wichtigsten Schauspieler und Schauspielerinnen fiktionaler Formate werden ebenfalls nach Schulnoten bewertet.

Da insbesondere ZDF-Markenformate jährlich, teilweise auch mehrfach jährlich, untersucht werden, bietet der ZDF-Programmcheck auch die Möglichkeit, die Entwicklung der Qualitätsurteile des Publikums im Zeitverlauf zu analysieren (Was ist besser geworden? Was hat sich verschlechtert?). Diese Auswertungsmöglichkeit stellt ein Frühwarnsystem dar, um eventuell schon, bevor sich Unzufriedenheit in Quotenverlusten ausdrückt, bereits Hinweise auf Formatprobleme zu erhalten. Außerdem bietet die Fülle des Datenmaterials die Möglichkeit, Benchmarks zu bilden, das heißt, sowohl für alle ZDF-Formate als auch genrespezifisch beispielsweise für Vorabendserien oder politische Magazine, Durchschnittswerte zu berechnen. Mit dem ZDF-Programmcheck verfügt die ZDF-Medienforschung über eine der größten und detailliertesten Datenbanken zur Bewertung von Einzelformaten in Deutschland.

Die Ergebnisse der untersuchten Formate werden mit den Durchschnittswerten verglichen und können somit »verortet« werden. Mit Hilfe zusätzlicher statistischer Auswertungsverfahren können zudem diejenigen Format- oder Moderatoreneigenschaften identifiziert werden, die besonders wichtig für eine gute Bewertung und für die weitere Sehabsicht sind. Mit Hilfe der so genannten »Portfoliotechnik« können die Stärken, aber auch die Schwächen beziehungsweise das Verbesserungspotential eines Formats, eines Moderators oder einer Moderatorin dargestellt werden. So zeigen die Ergebnisse, dass beispielsweise die Wahrnehmung eines Moderators oder einer Moderatorin als »sympathisch« einen deutlich größeren Einfluss auf eine gute Bewertung hat als die Wahrnehmung als »modern«. Neben vielen anderen Ergebnissen einzelner Formattests ist unter anderem bemerkenswert, dass ZDF-Dokumentationen gerade von jüngeren Befragten sehr gut bewertet und überaus geschätzt werden.

Die Ergebnisse der einzelnen Formattests werden vielfältig verwendet. Als Chartberichte, in denen die wichtigsten Ergebnisse auch in zusammenfassenden Fazits enthalten sind, werden sie den Hauptredaktionen sowohl in schriftlicher als auch bei Bedarf in mündlicher Form präsentiert. Quartalsweise werden darüber hinaus zusammenfassende Übersichten der untersuchten Formate für die Geschäftsleitung erstellt. Schließlich werden ausgewählte Ergebnisse in die Sendeplatzprofile integriert. Der ZDF-Programmcheck als Instrument des Qualitätscontrollings aus Zuschauersicht ist als Ergänzung sowohl zur Messung des Zuschauerverhaltens (»Quoten«) als auch zur qualitativen Detailanalyse wie zum Beispiel durch Fokusgruppentests oder Tiefeninterviews zu sehen. Bei diesen qualitativen Verfahren werden beispielsweise in mindestens vier Gruppen von zehn bis zwölf Personen Formate intensiv diskutiert und analysiert, um möglichst genau die konkreten Dimensionen und Aspekte zu entdecken, die für das Format aus Zuschauersicht wichtig sind. Ziel dabei ist es, Hinweise auf die spezifischen »Stellschrauben« zur Formatverbesserung zu erhalten. Um auch Quantitäten zu ermitteln (zum Beispiel wie viele Zuschauer welche Bewertungen abgeben), ist das repräsentative »Echtseher«-Konzept geeignet. Diese Methoden ergänzen sich, ganz in dem Sinne: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

 
 
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