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2005  
ZDF Jahrbuch
Grundlagen der Programmarbeit
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Ulrich Berls

Das Landesstudio Bayern unter neuer Leitung

 
Ulrich Berls
Ulrich Berls
 

Sommer 1982, ein ziemlich junger Doktorand der Uni München klopft beim ZDF-Landesstudio Bayern an. Sein Ziel: eine Hospitanz. Irgendwie schafft er es, zehn Minuten beim Studioleiter zu bekommen. Der Student, der mit ein paar Redaktionsstuben und etwas Technik gerechnet hatte, betritt ein imposantes Hochhaus, dahinter ein eindrucksvolles Atelier-Gelände. Wenn das die Dependance ist, wie wird wohl die Zentrale aussehen, denkt der Student. Beim Studioleiter versinkt er in tiefen Sesseln, ja, die Hospitanz sei möglich, freilich erst in anderthalb Jahren, so lang sei die Warteliste. Um es kurz zu machen: Der Student landete 18 Monate später nach Fingerübungen anderswo tatsächlich beim ZDF, freilich nicht als Hospitant, sondern als Volontär und nicht in München, sondern in Mainz. Der Studioleiter hieß Wolf Posselt, der Student Ulrich Berls.

Viel hat sich geändert seit unserer kleinen Szene. Und doch, das Landesstudio Bayern ist immer noch eine der größten Außenstellen des ZDF. Immerhin vier Redaktionen sind hier zu Hause: Naturwissenschaft und Technik, das Frauenjournal »ML Mona Lisa«, das Prominentenmagazin »Leute heute« und last but not least die Aktuelle Redaktion. Rund 80 fest angestellte und zirka 40 regelmäßige freie Mitarbeiter arbeiten in München. Auch das große Studiogelände gehört nach wie vor dazu, wenngleich nicht mehr in ZDF-Alleinregie, sondern als Tochterfirma mit dem Titel Bavaria Studios Unterföhring. Geändert hat sich vor allem das Umfeld. Anfang der 80er Jahre dominierten noch die Gebäude des ZDF und daneben die Produktionsstätten des Bayerischen Rundfunks das Ortsbild. Heute ist Unterföhring am nördlichen Münchener Stadtrand ein Fernsehdorf, wie die Republik wohl kein zweites kennt. Etwa 100 Medienunternehmen haben sich mittlerweile hier angesiedelt. Neben der guten Verkehrslage auf halbem Weg zwischen Flughafen und Münchens Zentrum war sicher auch das ZDF ein Magnet für diese Entwicklung. Ein Steinwurf von unserem Landesstudio entfernt ist heute beispielsweise die Zentrale der ProSiebenSat.1 Media AG, gegenüber sitzt Kabel Deutschland, und vor unserer Haustür wird nun Premiere sein Firmenzentrum errichten. Neben solchen Namen kommen noch dutzende von Produktionsfirmen dazu. Auch die Studenten der Bayerischen Akademie für Fernsehen (BAF) lernen und üben nebenan. Keine Frage, der bayerische Teil des ZDF war und ist ein Nukleus der Münchener Fernsehszene. Das soll so bleiben, schließlich ist das ZDF eine Anstalt der Länder, das starke Standbein in Bayern ist gewollt.

Die große Zahl an Produktionsaktivitäten der Programmdirektion in Bayern muss in diesem Zusammenhang auch erwähnt werden, wenngleich sie die Arbeit des Landesstudios nicht unmittelbar betreffen. »Siska« und »Der Alte«, »Die Rosenheim-Cops« und das »Forsthaus Falkenau«, um nur einmal ein paar Beispiele aus szenischen Programmen zu nehmen, spielen örtlich zwar im Freistaat, aber werden von den Fachredaktionen in Mainz gesteuert. Die journalistische Präsenz Bayerns im ZDF-Programm freilich, die leistet die Aktuelle Redaktion des Landesstudios. An erster Stelle steht dabei selbstverständlich die Arbeit für die Hauptredaktion Aktuelles, also tagesfrische Berichte für die diversen Ausgaben der »heute«-Sendung, für das »heute-journal«, das »ZDF-Mittagsmagazin«, für die »drehscheibe Deutschland« und für »hallo deutschland«. Ergänzt wird dieser Programmausstoß durch Beiträge für andere Bereiche der Chefredaktion, zum Beispiel für den »Länderspiegel«, das »ZDF-Morgenmagazin« oder die »ZDF.reporter«. In nachrichtenstarken Jahren reicht die Zahl solcher Berichte, Magazinbeiträge und Reportagen an die tausend. Zusätzlich zur Produktion dieser sendefertigen Filme dient das Landesstudio Bayern als Schaltstation für Livegespräche in etlichen Sendungen, und natürlich liefern wir auch in hoher Zahl Rohmaterial und O-Töne für unsere Kollegen vor allem in Mainz und Berlin, denn immer häufiger werden Berichte heute aus Elementen zusammengesetzt, die an dispersen Orten spielen. Auch greifen viele Redaktionen des ZDF gerne auf die gute Produktionsinfrastruktur in München zurück, die mit sieben eigenen EB-Teams und sechs AVID-Schnittplätzen recht kraftvoll ist. Hier hat das ZDF mit seinem engmaschigen Studionetz im Inland einen Vorteil allen privaten Konkurrenten gegenüber, einzig die ARD ist da, neudeutsch gesprochen, noch »breiter aufgestellt«.

Zurück zur kleinen Anekdote zu Beginn. Exakt 23 Jahre später kam der Student von damals wieder in das Eckzimmer im Münchener ZDF-Gebäude, dieses Mal freilich selbst als frisch bestallter Studioleiter. Irgendwie meinte er, vielleicht zunächst seine Hospitanz von damals doch noch nachholen zu können. Zumindest, dachte er, sei ein wenig Zeit, sich im neuen Terrain zu orientieren. Doch daraus wurde nichts. Im Sommer 2005 war für langsame Geländeerkundungen keine Zeit. Der Spruch vom kalten Wasser bewahrheitete sich mit dem August-Hochwasser in Bayern ganz unmetaphorisch, dicht gefolgt von den Turbulenzen einer vorgezogenen Bundestagswahl, die so manchen spezifisch bayerischen Aspekt hatte. Die volle Palette also gleich zu Beginn: Auch wenn die Wellen nicht immer ganz so hoch schlagen wie im vergangenen Sommer, thematisch ist die Region zwischen Zugspitze und Main ein spannender Landstrich. Das über viele Jahrhunderte gewachsene spezifische bayerische Traditionsbewusstsein, das Bundesbürger aus Bindestrich-Ländern nicht immer ganz richtig verstehen, trägt dazu bei – Bayern ist ein im besten Sinne des Wortes »eigenwilliges« Land. Die starke Wirtschaftskraft, die respektable Kulturszene, der hochmoderne Wissenschaftsstandort, die bemerkenswerte Sportlandschaft – man mag die Klischees wie »Laptop und Lederhose« oder »von Beckenbauer bis Bayreuth« ja nicht mehr hören, aber thematischen Rohstoff in größter Breite liefert Bayern schon. Was will das Journalistenherz mehr?
 
 
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