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2004  
ZDF Jahrbuch
Produktion und Technik
Andreas Bereczky/Bruno Krüger
Gunnar Darge
Wolfgang Wagner
Eckhard Matzel
Manfred Denninger

Andreas Bereczky/Bruno Krüger

Perspektiven der neuen Empfangstechnologien

 
Andreas Bereczky
Andreas Bereczky


Bruno Krüger
Bruno Krüger
              
 

Von der Erfindung einer technischen Neuerung bis zum Markterfolg ist es häufig ein weiter Weg. So beobachtet die Fachwelt die Digitalisierung des Fernsehens schon seit Anfang der 90er Jahre. Spannend – und das jetzt auch für Nicht-Ingenieure – wird das digitale Fernsehen, seit es die Verkaufsregale der Unterhaltungselektronik erobert hat. Digitale Satellitenreceiver sind zwar noch etwa doppelt so teuer wie ihre analogen Vorfahren, dennoch übertreffen ihre Verkaufszahlen seit 2003 die analogen Satellitenreceiver.

Mit dem Jahr 2004 und der forcierten Digitalisierung des terrestrischen Antennenfernsehens folgte das Jahr der bislang rasantesten Verbreitung digitaler Set-Top-Boxen. Nach Berlin wurden die terrestrischen Fernsehsender im norddeutschen Raum um Hamburg, Bremen und Hannover, im dicht besiedelten Ruhrgebiet und im Rhein-Main-Gebiet digitalisiert. Etwa die Hälfte aller Menschen in Deutschland kann Ende 2004 das ZDF digital mit Dach- oder Zimmerantenne empfangen, und in 1,5 Millionen Haushalten gibt es bereits die dazu passenden Receiver. Digitales Fernsehen ist gefragt und überzeugt die Zuschauer mit seinen Vorteilen: Es gibt mehr Kanäle, Bildstörungen sind »Schnee« von gestern und obendrein helfen neue Verteiltechniken, den Anschluss im Haus noch einfacher und mobiler zu machen.

Die neuen Fernsehtechnologien sind dabei nur ein Teil eines umfassenden technischen Umbruchs. Computerisierung unserer Arbeitswelten, ISDN-Telefon und DSL-Datenautobahn, Mobiltelefon, CD, DVD und viele weitere Beispiele verdeutlichen, dass die Digitalisierung mit dem Fernsehen lediglich einen weiteren Anwendungsbereich hinzugewonnen hat. »Digital« wird gleichgesetzt mit hoher Qualität und universellen Möglichkeiten zur Wandlung oder Speicherung der Daten – und das Ganze gemäß dem mooreschen Gesetz, dass sich die Computerisierung alle 18 Monate verdoppelt, auch noch zu immer niedrigeren Kosten. Gordon Moore bemerkte schon vor 40 Jahren, dass die Dichte der Transistoren auf integrierten Schaltungen exponentiell ansteigt. Die Folge ist, dass sich die Kosten für eine feste Rechenleistung heute pro Jahr etwa halbieren.

Mit dem Umstieg auf das digitale Fernsehen stehen wir am Anfang einer Phase der Konvergenz der Medien, in der vormals getrennte Techniken, Produkte und sogar Arbeitsabläufe zusammenwachsen. Das wird in einem Medienunternehmen wie dem ZDF bereits an den Redaktionsarbeitsplätzen deutlich, wo Computernetze völlig neue Recherche- und Bearbeitungsmöglichkeiten eröffnen. Beim Zuschauer wird sich Konvergenz in einer Austauschbarkeit von Fernsehempfangswegen und in einer zunehmend multifunktionalen Gerätetechnik zeigen. Speichermedien aus der PC-Welt werden für die Aufzeichnung von Fernsehen verwendet. Beispiele sind DVD-Player und Festplattenrekorder.

Die Geräte der Unterhaltungselektronik werden noch universeller: So sollen moderne Bildschirme, ob LCD- oder Plasmabildschirm, neben Fernsehen auch an den PC anschließbar sein. Dann kann man mit einem Gerät neben Fernsehen auch die Urlaubsvideos und das digitale Fotoalbum anschauen. Die Fernbedienung wird etwa per Wireless LAN auch Stereoanlage, Surroundsound und Videorekorder steuern oder gleich durch ein speziell programmiertes Mobiltelefon ersetzt. Allein schon die universelle Mehrfachnutzung und die eben nicht Fernseh- oder PC-spezifischen Geräte bringen Vorteile. Darüber hinaus öffnet sich ein Spektrum an Möglichkeiten, die sich beispielsweise aus der Kombination mit dem Internetzugang ergeben und ganz nebenbei Bildtelefonieren und andere Zusatzfunktionen ermöglichen.

Das digitale Fernsehen jedenfalls ist nur ein einzelner, wenn auch ein bedeutender Beitrag für das Verschmelzen elektronischer Mediendienste. Dabei wird das Fernsehen als wichtigstes Leitmedium auch in Zukunft technische Standards setzen. Es wird Produktentwicklungen aber eben weniger über fernsehzentrische und eng gefasste Spezifikationen, sondern vor allem über Qualitätsparameter beeinflussen. Die Unterhaltungselektronik-Industrie ihrerseits wird sich auf medienübergreifende Lösungen für Bildschirm, Aufzeichnung, Telekommunikation, Verkabelung und Bedienkomfort konzentrieren. Entsprechend setzen die Hersteller auf universelle Basistechnologien wie beispielsweise verbesserte Bildschirmtechniken (»HD-ready«) und die neue »Blu-ray-disc« für zehn Stunden Videoaufzeichnung und mehr.

Eine letzte Bastion in Bezug auf anwendungszentrierte und damit gerade nicht universell einsetzbare Technologien war bislang das digitale Kabelfernsehen. Denn die für die Entschlüsselung von Pay-TV benötigte Receivertechnologie sollte nicht – wie beim Satellitenfernsehen – eine freiwillige Option für den Verbraucher sein, sondern als feste Komponente für alle Kabelempfänger durchgesetzt werden. Das eingesetzte Verschlüsselungsverfahren hat sich im Lauf der Zeit als zu spezialisiert erwiesen und so zu einer kaum nennenswerten Auswahl an Receiverprodukten geführt. Fernsehgeräte mit Digitalempfangsteil gibt es zur Zeit gar nicht.

Das ZDF ist dieser Entwicklung frühzeitig begegnet und hat sich für einen offenen Empfangsgerätemarkt auch für das Kabelfernsehen eingesetzt. Verhandlungen mit den neuen Kabelbetreibern KDG, iesy, ish und Kabel Baden-Württemberg über die digitale Verbreitung wurden geführt und gelangten im Jahr 2004 zu ersten Ergebnissen. Zuvor hatte das ZDF noch Anfang des Jahres die Fortsetzung seiner digitalen Kabelverbreitung infrage gestellt und damit die Problematik in das öffentliche Interesse gerückt. Eine Einigung wurde am Ende darüber erzielt, dass zukünftig auch standardisierte Digitalreceiver unterstützt werden sollen.

Ob damit ein Durchbruch für die Digitalisierung erreicht wurde, wird sich bald zeigen, zumindest aber gibt es erste Anzeichen, dass sich die Kabelunternehmen allein schon im eigenen Interesse stärker dem Markt öffnen werden. Für sie ist die Gefahr, den Anschluss zu verlieren, zu groß. Denn der Motor der Konvergenz kommt langsam in Fahrt und standardisierte Digitalfernsehtechniken werden so oder so die Gewinner sein, wenn nicht per Kabelfernsehen, dann per Satellit, Antenne oder Breitbandanschluss. Die DSL-Anbieter stehen jedenfalls schon bereit, neben Internet und Telefon zukünftig auch Fernsehen über die Telefonleitung anzubieten.

 
 
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