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2004  
ZDF Jahrbuch
Grundlagen der Programmarbeit
Gunnar Krone
Beate Frees/Susanne Kayser
Heinz Gerhard
Hans-Joachim Strauch
Joachim Krischer

Gunnar Krone

Der heranwachsenden Generation verpflichtet
Zehn Jahre Amt des ZDF-Jugendschutzbeauftragten

 
Gunnar Krone
Gunnar Krone
              
 

Die Geschichte des Jugendmedienschutzes beim ZDF als spezieller Aspekt seiner Programm- und Betriebskultur ist bislang noch nicht geschrieben. Bis heute ruhen die einschlägigen Akten im Unternehmensarchiv und harren der Sichtung und Auswertung. Dabei wäre der Jugendmedienschutz des ZDF – vom Sendebeginn bis heute – durchaus ein geeignetes Thema für eine Dissertation oder eine Magisterarbeit. Eine Darstellung der Geschichte des Jugendmedienschutzes beim ZDF wäre vor allem ein weiterer Beleg der sozialen Verantwortung unseres Senders. Dies verdeutlicht nicht zuletzt das Amt des Jugendschutzbeauftragten, das 1994 beim ZDF geschaffen wurde und dessen Einrichtung sich in diesem Jahr zum zehnten Male jährt.

Anfang der 90er Jahre zeigte sich mit aller Deutlichkeit, dass die kommerziell ausgerichtete Programmgestaltung der Privaten zu erheblich mehr Action, Sex und insbesondere Gewalt in deren Programmen führte. Diese Erkenntnis zog eine Flut von wissenschaftlichen Studien zur so genannten »Mediengewalt«, insbesondere aber eine nachdrückliche medienpolitische Debatte um die Möglichkeiten und Grenzen einer effektiven Gegensteuerung nach sich. Um schärfere gesetzliche Jugendschutzbestimmungen abzuwehren, gründeten die privaten Fernsehveranstalter im November 1993 die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF). Doch dem Gesetzgeber reichte das nicht mehr. Anfang 1994 unterzeichneten die Regierungschefs der Länder einen Ersten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der den medialen Jugendschutz für das gesamte duale Rundfunksystem verschärfte und der am 1. August 1994 in Kraft trat.

Mit dem Ersten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde den Landesrundfunkanstalten der ARD, dem ZDF sowie allen Veranstaltern bundesweit verbreiteter Fernsehprogramme unter anderem die Einführung des Amtes eines Jugendschutzbeauftragten auferlegt. Diese Jugendschutzbeauftragten sollen gemäß staatsvertraglicher Vorgabe beratende Funktionen insbesondere bei den Fragen des Programmeinkaufs, der -herstellung, der -planung und der -gestaltung wahrnehmen und in allen diesen Bereichen angemessen beteiligt werden. Im Interesse einer effektiven Tätigkeit forderte der Erste Rundfunkänderungsstaatsvertrag darüber hinaus, dass die zu bestellenden Jugendschutzbeauftragten in jugendschutzrelevanten Fragen über die erforderliche Fachkunde und auf dem Gebiet des Jugendschutzes über Weisungsfreiheit verfügen müssen.

Für das ZDF war das nichts durchgreifend Neues. Unser Sender verfügte schon seit seiner Gründung über Regeln zum Jugendmedienschutz. Diese Vorschriften hatten in langjähriger Praxis zu einer hohen Sensibilität und zu einem ausgeprägten Verantwortungsbewusstsein der Programm-Macher und -verantwortlichen geführt. Es entsprach daher dem Selbstverständnis des ZDF, dass seine Programme von Menschlichkeit getragen waren und die Belange des Jugendschutzes wahrten. 1992 entschied – als erster deutscher Sender überhaupt – das ZDF aus freien Stücken, prinzipiell auf die Ausstrahlung indizierter Filme zu verzichten und damit im Bereich des Jugendmedienschutzes ein Zeichen zu setzen, das seinerzeit keiner gesetzlichen Forderung entsprach. Das Aufgabengebiet des Jugendmedienschutzes wurde außerdem schon seit Jahren im Bereich des Justitiars rechtlich wahrgenommen. Beim Fernsehrat bestand bereits seit April 1970 ein Ausschuss, der unter anderem für programmliche Fragen speziell im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen zuständig war. Auch als Plenum hatte sich der Fernsehrat des Themas des Jugendmedienschutzes wiederholt angenommen, beispielsweise beim Erlass der ZDF-Programmrichtlinien. In diese waren vom Fernsehrat sowohl Bestimmungen darüber aufgenommen worden, welche Inhalte im Interesse des Schutzes von Kindern und Jugendlichen zu unterbleiben haben, als auch solche, die auf die Verbreitung von Programmen zielen, die für Kinder und Jugendliche besonders geeignet sind.

Bei solcher Ausgangssituation lag es für das ZDF nahe, einen Jugendschutzbeauftragten schon zu berufen, bevor noch der Erste Rundfunkänderungsstaatsvertrag in Kraft trat. Tatsächlich gab es derartige Überlegungen, die dann aber nicht zum Tragen kamen. Zu viele Vorfragen waren zu klären, unter anderem die spezielle Qualifikation des Jugendschutzbeauftragten oder die Einbindung der ARD/ZDF-Partnerprogramme in dessen Kompetenz. Allgemein bestand Übereinstimmung, dass ein Jugendschutzbeauftragter über eine langjährige Erfahrung in Programmfragen verfügen sollte. Den eigenständigen Charakter von 3sat betonend, einigten sich das ZDF und die ARD auch darauf, dass 3sat mit seiner Beteiligung von ORF und SRG einen eigenen Jugendschutzbeauftragten erhalten solle. Bei den erst in den 90er Jahren entstandenen Sendern PHOENIX und KI.KA sowie bei ARTE Deutschland TV GmbH hingegen werden die zugelieferten Programme durch den Jugendschutzbeauftragten des jeweils zuliefernden Senders geprüft.

Nach der Klärung dieser und ähnlicher Fragen berief der Intendant zum 1. Dezember 1994 Dr. h.c. Heinz Ungureit zum ersten Jugendschutzbeauftragten des ZDF. Heinz Ungureit hat dieses Amt bis zum 30. Januar 1996 ausgeübt. Ihm rückte am 1. Februar 1996 Dr. Dieter Landmann als zweiter Jugendschutzbeauftragter nach. Seit dem 1. Juli 2003 übe ich das Amt als dritter Jugendschutzbeauftragter in der Geschichte des ZDF aus.

Schon als sich die Einrichtung des Amtes des Jugendschutzbeauftragten abzeichnete, war das ZDF daran gegangen, diese neue Funktion nahtlos in sein ohnehin bereits ausgeprägtes Aufsichts- und Überwachungssystem zur Gewährleistung des Jugendmedienschutzes einzufügen. Daher war das ZDF früh damit befasst, die Aufgaben des Jugendschutzbeauftragten in einer Organisationsanordnung des Intendanten im Einzelnen auszugestalten und sie mittels Programmanordnungen in die vorhandenen internen redaktionellen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten einzubinden. Nach diesen Regeln hat der Jugendschutzbeauftragte vornehmlich eine Beratungsfunktion. Diese nimmt er wahr, wenn allgemeiner Beratungsbedarf des Intendanten oder der Programmverantwortlichen besteht oder wenn Redaktionen ihrerseits Beratungsbedarf anmelden beziehungsweise den Jugendschutzbeauftragten um Mitwirkung bei einer Programmentscheidung bitten. Da es nach den ZDF-internen Bestimmungen zu den ausdrücklichen Obliegenheiten aller Programmbeteiligten gehört, dass jede Sendung den geltenden Vorschriften des Jugendmedienschutzes entspricht, ist die zuständige Redaktion sogar verpflichtet, den Beauftragten einzuschalten, sofern und sobald sich jugendschutzrelevante Fragen ergeben. Darüber hinaus kann der Beauftragte aber auch von sich aus auf die Redaktionen zugehen und Empfehlungen geben.

Insgesamt ist im Wege dieser internen Regeln die Stellung des Jugendschutzbeauftragten beim ZDF – über den staatsvertraglichen Kompetenzrahmen hinaus – zusätzlich verstärkt worden. Ihm ist in jugendschutzrechtlichen Fragen sogar ein weit reichendes Vetorecht eingeräumt. In etwaigen Konflikt- oder Zweifelsfällen müsste die endgültige Programmentscheidung demnach der Intendant als Inhaber der programmlichen Gesamtverantwortung treffen. Solche strittigen Konstellationen sind niemals vorgekommen, da die Zusammenarbeit des Jugendschutzbeauftragten mit allen redaktionellen Ebenen von wechselseitigem Vertrauen, gegenseitiger Kooperationsbereitschaft und hoher Professionalität getragen ist. Dies belegen nicht zuletzt die – in einvernehmlicher Absprache zwischen den Direktoren des Programms und dem Beauftragten erstellten – »Kriterien zur Sicherung des Jugendschutzes bei der Beurteilung von Sendungen«, die die gesetzlichen und richtlinienmäßigen Jugendmedienschutzvorgaben beim ZDF noch weiter konkretisieren und detaillieren.

Der Fernsehrat als gesetzlich berufenes Kontrollorgan in allen Programm- und damit auch in Jugendmedienschutzfragen befasste sich ebenfalls bereits vor Inkrafttreten des Ersten Rundfunkänderungsstaatsvertrags mit der darin vorgesehenen Funktion des Jugendschutzbeauftragten und bat den Intendanten, ihn regelmäßig über die Arbeit des zu berufenden Jugendschutzbeauftragten zu unterrichten. Den entsprechenden ersten Bericht gab der Intendant dann schon zur Sitzung des Fernsehrats am 9. Dezember 1994 ab. Seither ist das Kollegialorgan zu jeder seiner turnusmäßigen Zusammenkünfte über die Arbeit des ZDF-Jugendschutzbeauftragten in Kenntnis gesetzt worden. Im gemeinsamen Interesse eines bestmöglichen Jugendmedienschutzes hat sich der Jugendschutzbeauftragte in zahlreichen Sitzungen auch dem Dialog und der Diskussion mit dem Fernsehrat und dessen Ausschüssen gestellt. Soweit dem ZDF in eng begrenzten Ausnahmefällen die gesetzliche Möglichkeit eingeräumt ist, von Freigabeentscheidungen der FSK und damit von bestimmten Sendezeitvorgaben für Spielfilme abzuweichen, ist der Fernsehrat auch über solche gelegentlichen Ausnahmen jeweils vom Intendanten unterrichtet worden, unterstützt durch den – an den entsprechenden Entscheidungen zu beteiligenden – Beauftragten. Gleiches gilt für Filme, die eine »ab 12-Freigabe« der FSK haben und bei denen – soweit jugendschutzrelevant – bei der Programmplatzierung mit großer Sorgfalt auf das Wohl jüngerer Kinder Bedacht genommen wird.

Die regelmäßige und intensive Befassung des Fernsehrats mit Jugendschutzfragen sowie die ihm auf diesem Gebiet zugewiesene Kontroll- und Aufsichtskompetenz haben eine – über Rundfunkstrukturfragen hinausgehende – zusätzliche Relevanz für den Jugendmedienschutz. Die Frage, welche medialen Inhalte für Kinder und Jugendliche entwicklungsbeeinträchtigend sein können, erfordert nämlich ebenso wie die Feststellung, welche Inhalte für Kinder und Jugendliche besonders geeignet sind, jeweils eine Wertung. Solche Wertungen lassen sich nicht ein für allemal mit Maßband oder Winkelmesser auszirkeln, sondern sie beruhen im Wesentlichen auf einem gesellschaftlichen Konsens und können daher einem Wandel der Anschauungen unterliegen. Gerade der Fernsehrat mit seinen Repräsentanten der gesellschaftlich relevanten Gruppen und als »Vertretung der Allgemeinheit« ist verständlicherweise in der Lage, einen solchen Werte- und Normenkonsens auf aktuellem Stand widerzuspiegeln und zu vermitteln. »Jugendmedienschutz und gesellschaftliche Werteentwicklungen« ist beispielsweise aber auch Leitthema von Tagungen, die vom ZDF mit veranstaltet werden und auf denen sich die Jugendschutzbeauftragten und die Repräsentanten der Katholischen und Evangelischen Kirche unter dem Blickwinkel des medialen Jugendschutzes über Medienethik und gesellschaftliche Wertediskussion im öffentlichen Diskurs austauschen.

Weil Jugendmedienschutz eines intensiven Dialogs bedarf, hat es der Gesetzgeber den Jugendschutzbeauftragten aber auch zur Pflicht gemacht, untereinander den Erfahrungsaustausch zu pflegen. Dieser ist zwischen den Jugendschutzbeauftragten der öffentlich-rechtlichen Sender in Form eines regelmäßig zusammentretenden Arbeitskreises institutionalisiert. Darüber hinaus treffen sich aber auch die Jugendschutzbeauftragten der öffentlich-rechtlichen Sender mit denen der Privatsender zum Erfahrungsaustausch. Sehr gute Kontakte gibt es schließlich zu den Vertretern der Obers- ten Landesjugendbehörden bei der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). Seit 1996 ist der ZDF-Jugendschutzbeauftragte im Übrigen Mitglied der Grundsatzkommission der FSK.

Das Amt des ZDF-Jugendschutzbeauftragten ist somit in seiner zehnjährigen Geschichte zu einer etablierten und vielfach vernetzten Institution gereift. Gemeinsam mit den Programmverantwortlichen, den Programmmachern und den Mitgliedern der Aufsichtsgremien trägt der Jugendschutzbeauftragte dazu bei, dass beim ZDF die Maßnahmen des Jugendmedienschutzes effektiv sind und eine erfolgreiche Selbstkontrolle beim Sender besteht. Das ist allerdings nur eine Seite sozialer Verantwortung und Verpflichtung gegenüber der heranwachsenden Generation. Soll im Bereich der Medien der Schutz unserer Kinder und Jugendlichen besonders gut und tragfähig sein, so braucht es zweier Pfeiler, nämlich eines guten Jugendschutzes beim Medium einerseits und einer ausgeprägten Verantwortung der Eltern gegenüber ihren Söhnen und Töchtern andererseits, wenn diese die Medien zu Hause nutzen.

Der Jugendschutz beim Medium alleine reicht nicht aus. Zwar haben wir in Deutschland den wohl strengsten Jugendmedienschutz weltweit. Auch gibt es für die Platzierung von Kinofilmen im Fernsehen genaue gesetzliche Vorgaben, die der Sender zu beachten hat. Aber selbst wenn darüber hinaus alle weiteren Beiträge, wie zum Beispiel Serien, Dokumentationen oder Fernsehfilme, von den Programmverantwortlichen und den Programm-Machern mit größter Sorgfalt ausgewählt und zeitlich in das Sendeschema eingefügt werden, gibt es eben doch Aufzeichnungsgeräte (DVD- oder Videorecorder), die es Kindern und Jugendlichen ermöglichen, sogar den besten Jugendmedienschutz eines Senders zu unterlaufen. Gleiches gilt, wenn Kinder und Jugendliche unbeaufsichtigt von den Eltern Programme sehen können, die für sie nicht bestimmt sind. Auch in solchen Fällen können die Arbeit des Jugendschutzbeauftragten und die sorgfältigste Kontrolle der programmlichen Aufsichtsgremien beim Sender nicht mehr helfen. Ebenso ist es im Internet. Zwar können am PC bestimmte Seiten oder konkrete Inhalte technisch gesperrt werden. Doch die Jugend, die mit den neuen elektronischen Medien aufwächst, überwindet solche Sperren sehr viel schneller und häufiger, als Erwachsene es denken.

Daher muss Elternverantwortung den Jugendmedienschutz ergänzen. Die Eltern müssen den Mut zur Medienerziehung haben. Sie müssen hinschauen, wenn ihre Kinder die Medien nutzen. Sie müssen über die Medien und über den verantwortungsvollen Umgang mit ihnen aber auch selbst unterrichtet und aufgeklärt sein. Medienkompetenz ist demnach gefragt, die bei Bedarf die Eltern in die Lage versetzt, ihre Kinder sachgemäß zu einer altersgerechten Nutzung der Medien hinzuführen. Ähnliches gilt verständlicherweise für sonstige erziehungsberechtigte Personen und Einrichtungen im Verhältnis zu den ihnen anvertrauten Kindern und Jugendlichen.

Das ZDF hat daher nicht nur seit jeher Wert auf einen ausgeprägten eigenen Jugendmedienschutz bei der Gestaltung seiner Sendungen gelegt, sondern außerdem der Vermittlung von Medienkompetenz einen hohen Rang eingeräumt. Auch in diesen Aspekt des Jugendmedienschutzes ist der ZDF-Jugendschutzbeauftragte eingebunden. Er unterstützt mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dabei insbesondere die Aktion »SCHAU HIN!«, in der sich unter anderem das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend sowie das ZDF engagieren und die mit gezielten Initiativen und Maßnahmen die Aufmerksamkeit von Eltern und Erziehungsverantwortlichen vor allem auf die Mediennutzung der Kinder richten und sie anleiten will, die junge Generation bei der medialen Nutzung kritisch und konstruktiv zu begleiten.

 
 
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