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2003  
ZDF Jahrbuch
Produktion und Technik
Albrecht Ziemer
Rolf Gith/Beate Scherer
Martin Kühne/Bruno Krüger
Hans Heber

Hans Heber

Das ZDF mit »NUGGETS« auf Goldsuche?

 
Hans Heber
Hans Heber
              
 

Ist das ein Projekt der Produktionstechnik zur Schließung der Finanzlücke des ZDF in Zeiten knapper Mittel? So könnte es scheinen und so ist es voraussichtlich auch, zumindest ist »NUGGETS« ein wichtiger Beitrag dazu auf mittlere oder längere Sicht. Geht es hier um Spitzhacken, Schaufeln und Waschpfannen? Natürlich nicht, es geht um konsequente Weiterführung der schon vor rund zehn Jahren begonnenen Digitalisierung der Produktionsinfrastruktur und die weitere Erschließung des Potenzials dieser Technologie zur Verbesserung unserer Wettbewerbsfähigkeit. Damit wir besser, schneller und auch kostengünstiger produzieren können.

Von der Digitalisierung zur Vernetzung

Bislang haben wir die veraltete analoge Produktionstechnik gegen moderne und zukunftssichere digitale Technik ausgetauscht. Damit ist die Grundvoraussetzung dafür geschaffen, weitere Schritte zu gehen. Wie in der allgemeinen Informationstechnik können auch digitale Produktionseinrichtungen durch Vernetzung effizienter werden, beispielsweise durch schnelleren Einsatz in der Produktion, gleichzeitigen Zugriff auf Ausgangsmaterial, schnellere Bearbeitung und Bereitstellung des Materials. Schon heute gibt es beim ZDF Produktionsinseln, die auf Informationstechnologie (IT) aufbauen, zum Beispiel Digitale Produktion Aktuelles (DPA) zur Herstellung der Nachrichtensendungen, Schnittbearbeitungseinrichtungen, erste Ausbaustufen des Archivs und vor allem der gesamte Bereich der Datendienste, insbesondere für die Internetangebote des ZDF im »Data-Broadcast-Center«. Dies sind erste Schritte in eine IT-basierte Produktionstechnik, die jedoch bei uns und in verschiedenen Anstalten und Produktionshäusern mit verschiedenen Konzepten und Lösungen realisiert werden. Eine umfassende Vernetzung, die über die Grenzen eigener Produktionsbereiche und Rundfunkanstalten hinausgeht und letztlich weltweite Vernetzung ermöglicht, vergleichbar mit dem Internet, erfordert international gültige, offene Standards und deren Anwendung.

Weltweit einheitliches Datenaustauschformat MXF

Um diese Standards zu entwickeln und praktisch nutzbar zu machen, müssen neue Arbeitskonzepte entwickelt und erprobt werden. Dies kann nur in enger Zusammenarbeit von Geräteindustrie und Anwendern erfolgen. Dazu hat die Europäische Kommission ein Förderprogramm zur Entwicklung der Informationstechnologie (IST) in Europa aufgelegt. Im Rahmen dieses Programms wurde das Projekt »NUGGETS« (Networks Used in Globally Generic TV Systems) initiiert, zur Konzeption und prototypischen Implementierung eines Live-Produktionsszenarios, basierend auf einer IT-Infrastruktur und dem für die Medienindustrie einheitlichen Austauschformat »MXF« (Material Exchange Format) für alle Bild-, Ton- und Nutzdaten. Das ZDF ist als Anwenderpartner an diesem Projekt beteiligt.

Neue Möglichkeiten durch vernetzte Produktion

Die bisherige Produktionsweise mit vielen aufeinander folgenden Prozessschritten wird in Zukunft mehr und mehr durch vernetzte digitale Inseln abgelöst, die in hohem Maße parallele Arbeitsweisen ermöglichen. Anstelle des Bandes als Ton- und Bildträger wird das einheitliche Dateiformat (»File-Format«) MXF verwendet, das den Materialaustausch über herkömmliche Hochleistungsnetzwerke ermöglicht und auch als Speicherformat dient. Hinzu kommt die Kennung und zunehmende Erschließung jedes Materialelements (Bild, Ton, Begleitdaten) durch so genannte »Metadaten«. Diese Daten »über die (Inhalts-)Daten« sind erforderlich für das automatische Management der zunehmend anwachsenden und kleinteiligeren Bestände. Auch dies ist nur möglich, wenn alle diese »Metadaten« verstehen, das heißt, die gleiche »Sprache« sprechen und sie in gleicher Weise nutzen. Der gleichzeitige Zugriff auf das Material, sei es lokal oder über Weitverkehrsverbindungen, wird erst durch Vernetzung möglich. Das zu bearbeitende Material kann damit weltweit von verschiedenen Produktionsstandorten aus genutzt werden. Wartezeiten, wie sie heute noch bei der sequentiellen Arbeitsweise üblich sind, können damit durch die parallelen Zugriffsmöglichkeiten weitgehend vermieden werden. Die Integration der Produktionsinseln stellt einen wichtigen Schritt in Richtung »bandloser Produktion« dar. Für die Liveproduktion ergibt sich nun folgendes Szenario: Das Rohmaterial wird vom Aufnahme-(Ingest-)Bereich über das Netzwerk zum Produktionsbereich übertragen. Hier sind Bearbeitungsplätze, die gleichzeitig auf den Inhalt zugreifen können. Während das einlaufende Material gespeichert wird, kann bereits mit dem Schnitt begonnen werden. Wenn die Bearbeitung abgeschlossen ist, kann der Beitrag wie bisher ausgespielt beziehungsweise archiviert werden. Ein Content-Management-System (CMS) verwaltet mit Hilfe der Metadaten alle relevanten Informationen über das gespeicherte Material.

Fernsteuerbare Kameras im Netzwerk

Im Rahmen von »Nuggets« kommt der Integration der Kamera als Bildquelle am Beginn der IT-Live-produktion zentrale Bedeutung zu. Die Kamerasignale werden in MXF-Pakete verpackt und als Livedatenstrom über die Netzwerke (MAN/WAN) verteilt. Entsprechend den im Projektrahmen definierten Anwendungsfällen wird auch die Bedienung der Kameras über die Netzwerke von entfernten Standorten möglich sein. Alle Anwendungsfälle gehen davon aus, dass eine oder mehrere Kameras ihr Bildsignal über Weitverkehrsnetzwerke (WAN) in die Produktionsstudios übertragen. Für den Bediener soll sich die neue Arbeitsweise im Vergleich zur herkömmlichen nur unwesentlich unterscheiden, obwohl Bediener und Kamera unter Umständen mehrere tausend Kilometer voneinander entfernt sein können. Um dies auch praktisch zu erproben, wird im Rahmen des Projekts ein Demonstrator erstellt, der alle Schlüsselelemente des Konzepts enthält. Das Bild zeigt die geplante Testinstallation beim ZDF.

Der »NUGGETS«-Demonstrator

Ziel des Demonstrators ist es, die technische Machbarkeit des »NUGGETS«-Konzepts zu veranschaulichen, das heißt, die Übertragung von Bild-, Ton-, Anwendungs- und Steuerdaten in »MXF-Files« über vorhandene Netzwerk-Infrastrukturen, bestehend aus lokalen und Weitverkehrsnetzen (LAN-MAN-WAN), zu demonstrieren. Dabei sollen sowohl Live- als auch zeitunkritische File-Transfers-Übertragungen gezeigt werden. Im Zuge des Materialflusses sollen auch Metadaten ausgetauscht, an Bearbeitungsstellen modifiziert und erste Erfahrung mit deren integrierter Nutzung gesammelt werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Im Rahmen des »NUGGETS«-Projekts trägt das ZDF maßgeblich zur Weiterentwicklung unserer Produktionstechnik bei. Damit können wir in enger Zusammenarbeit mit der europäischen Geräteindustrie internationale Standards nach unseren Bedürfnissen mitgestalten. Schon jetzt ist erkennbar, dass sich das MXF-Format zu dem weltweiten offenen Standard entwickelt, den wir schon sehr früh in die Planung unserer Produktionsinfrastruktur einbeziehen können. Die Europäische Kommission und die Industriepartner erwarten von »NUGGETS« wesentliche Impulse für die weitere Entwicklung der Medientechnik in Europa und weltweit.

 
 
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