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2002  
ZDF Jahrbuch
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Susanne Kayser/Bernhard Engel

Innovationen im Fernsehen - Innovationen in der Forschung

 
Bernhard Engel
Bernhard Engel


Susanne Kayser
Susanne Kayser
              
 

50 Jahre nach seiner Einführung in Deutschland als Massenmedium erlebt das Fernsehen einen Innovationsschub, dessen technischer Motor die Digitalisierung ist und dessen Leistungen sich in einer nicht mehr technisch begrenzten Anzahl von Programmen und Zusatzdiensten zeigt. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer für diese Angebote – sowohl die des ZDF als auch der konkurrierenden Mitbewerber – ist Gegenstand der Medienforschung und erfordert gleichermaßen innovative Forschungsansätze.

Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung wird ab Anfang 2003 die digitale Fernsehnutzung senderbezogen ausgewiesen. Das bisher an der Erfassung von Frequenzen orientierte Messverfahren ist für die Sendererkennung im digitalen Fernsehen nicht mehr geeignet, da über eine Frequenz mehrere Dienste gesendet werden können. Das für den deutschen Markt entwickelte Verfahren beruht darauf, die eindeutig zur Identifizierung von Sendern in der so genannten Service-Information des digitalen Fernsehens (DVB SI) verfügbaren Angaben für die Sendererkennung zu verwenden. Dieses Verfahren ist zukunftsfähig und wird es auch erlauben, neue Dienste, die heute noch nicht on air sind, in das Messverfahren einzubeziehen. Das Verfahren kann neben dem derzeitigen DVB-Standard auch zukünftig für MHP-Plattformen angepasst werden. Die aktuelle Umstellung bedeutet für die Sender, dass die gut vier Prozent der Fernsehnutzung, die bisher nur als Nutzung einer Set-Top-Box ausgewiesen wurden, den Sendern ab 2003 als Leistung zugeordnet werden können.

Einen wichtigen Schritt bei der Verbreitung des digitalen Fernsehens bedeutet die Ablösung des analogen terrestrischen Fernsehens durch das digitale terrestrische Fernsehen (DVB-T) im Großraum Berlin/Potsdam. Die Medienforschung hat hier in einer qualitativen Studie untersucht, welche Erwartungen an das Überall-Fernsehen gerichtet werden und welche Nutzungsszenarien sich insbesondere durch die Mobilität des Mediums ergeben. Hierbei wurde in einem mehrwöchigen Feldversuch erstmals in Deutschland die Fernsehnutzung mit Hilfe der so genannten Radiocontrol-Technologie gemessen. Bei diesem Verfahren wird eine speziell entwickelte High-Tech-Uhr verwendet, die minutengenau die Nutzung der elektronischen Medien erfasst. Im qualitativen Teil der Studie wurden die Probanden mit DVB-T-Receivern ausgestattet und der Prozess der »Erstkonfrontation« mit DVB-T in Gesprächen sowie auf Videomaterial dokumentiert. Am Ende der Untersuchung wurden die Probanden in Gesprächsgruppen über ihre Erfahrungen mit DVB-T befragt. Als zentraler Befund lässt sich festhalten, dass die Menschen ihr Leitmedium mit gewohnten Inhalten – Unterhaltung, Information, Sport – nicht nur am festen Standort, sondern auch flexibel innerhalb und außerhalb der Wohnung nicht vermissen wollen. Fernsehen beim Kochen, auf dem Balkon, auf Reisen und in der Gartenhütte bilden für die Menschen ein positives Zukunftsszenario für mehr »Convenience« beim Fernsehen.

Der Aspekt der »Convenience« des Fernsehens – also die Eigenschaft, dass das Fernsehen der Bequemlichkeit der Menschen entgegenkommt – spielt auch bei der Entwicklung neuer Dienste eine wichtige Rolle und ist Gegenstand von Untersuchungen der Medienforschung im Jahr 2002 gewesen. Im digitalen Fernsehen wird der traditionelle Teletext durch den so genannten Digitext abgelöst. Das ZDF hat seinen Digitext bereits für MHP-Plattformen verfügbar gemacht. Bei der Untersuchung des Prototyps war es notwendig, ein möglichst reales TV-Umfeld zu simulieren, ohne dass der Dienst bereits on air verfügbar war. In diesem experimentellen Umfeld wurde ein sogenannter Usability-Test durchgeführt. Er gibt Aufschluss darüber, welche »Stolpersteine« es möglicherweise bei der Navigation und beim Auffinden von Informationen gibt. Es zeigte sich, dass die Möglichkeit konvergenter Navigationskonzepte für Fernsehen und Internet beschränkt ist. Fernsehen beziehungsweise die Fernbedienung beschränkt sich auf einfache Grundfunktionen und wenige »Signale«. Zappen, ohne sich zu verirren, muss auch hier möglich sein. Seit dem vierten Quartal 2002 ist der Digitext auf MHP-Basis on air. In einer Folgeuntersuchung konnte festgestellt werden, dass die aus der Untersuchung des Prototyps gewonnenen Erkenntnisse im Sinne des Nutzers umgesetzt werden konnten.

Ein Forschungsdesign, das ebenfalls ex ante, das heißt vor Ausstrahlung, angewendet wird, ist das Verfahren eines Copytests für Trailer. Da zwischen der Produktion von Trailern und ihrer Ausstrahlung häufig nur wenige Tage vergehen und der Test in einem »neutralen« Umfeld stattfinden soll, ist es notwendig, die Durchlaufzeit für ein solches Verfahren möglichst kurz zu gestalten. Erreicht wird dies durch die Nutzung des Internets als Träger für die Forschung. Die Trailer werden in diesem Verfahren digitalisiert und online an das Forschungsinstitut übermittelt. Danach werden nach vorgegebenen Kriterien Teilnehmer aus einem Internet-Access-Panel zur Teilnahme an der Untersuchung aufgefordert. Mit Hilfe eines solchen Verfahrens lässt sich die Feldarbeit in wenigen Tagen durchführen. Auch wenn Internet-Access-Panels derzeit noch keine für die Gesamtbevölkerung repräsentativen Stichproben bilden, ermöglicht das Verfahren, Polaritäten in der Bewertung durch spezifische Zielgruppen deutlich herauszuarbeiten. Die Bewertung der Trailer erfolgt mit einem standardisierten Erhebungsinstrument. Die Ergebnisse aus diesen Fragen werden in der Analyse auf sechs Grundfaktoren reduziert. Es ist damit möglich, die Bewertung der ästhetischen Umsetzung von der Präferenz für die beworbene Sendung oder von der Verständlichkeit der übermittelten Inhalte gesondert zu betrachten.

Die hier exemplarisch dargestellten Untersuchungen zeigen, dass sich der auch schon in anderen Forschungsaktivitäten der Medienforschung sichtbare Trend – beispielsweise bei Sendungstests, Storyboardtests etc. – Untersuchungen zur Akzeptanz der Angebote des ZDF bereits in frühen Entwicklungsstufen durchzuführen, im Jahr 2002 auch auf den Bereich des Pretestings technologischer Entwicklungen ausgedehnt hat. Die ZDF-Medienforschung unterstützt damit den Prozess, programmliche und technische Innovationen vorab zu untersuchen, um Investitionsentscheidungen zu optimieren.

 
 
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